Barrieren abbauen, Teilhabe fördern
Selbsttest im Rolli, Kurzfilm-Präsentation und Wünsche-Wand: Aktionstag zur Gleichstellung in Buchholz gut besucht.
Weit mehr als 100 Menschen allen Alters haben am Freitag in der Buchholzer Innenstadt ein starkes Signal für Inklusion gesetzt. „Menschen mit Behinderung haben das Recht, am Leben teilzuhaben, und dafür brauchen sie Barrierefreiheit“, sagte Petra Kohls vom Inklusionsbeirat des Landkreises Harburg. Anlass für die Aktion am „Treffpunkt“ war der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung.
Petra Kohls mahnte Ernsthaftigkeit und Sensibilität bei der Umsetzung von Maßnahmen an: „Was nützen Rampen, die zu steil sind, oder Aufzüge, in die ein Rollstuhl nicht hineinpasst? Was nützen Taststreifen für Sehbehinderte auf dem Gehweg, die plötzlich enden oder mit Fahrrädern zugestellt sind?“ Die Vorsitzende des Inklusionsbeirats lud dazu ein, sich in die Situation von Menschen mit Behinderung hineinzuversetzen: „Jeder von uns kann morgen betroffen sein.“
Gelegenheit zum Perspektivwechsel gab es gleich vor Ort. Ein Niederflurbus der KVG war vorgefahren, Besucher konnten sich in einen Rollstuhl setzen und versuchen, per Rampe in den Bus zu gelangen. Die wenigsten schafften es ohne Hilfe. Außerdem war eine kurze Strecke mit Bodenplatten aufgebaut, die Sehbehinderte mit dem Langstock abtasten. Auch das probierten Besucher aus – wahlweise mit einer Maske, die die Augen komplett bedeckt oder mit einer Brille, die eine starke Seheinschränkung simuliert.
Über den großen Zuspruch für die Aktion freute sich Ellen Kühn vom Elternverein der Lebenshilfe im Landkreis Harburg. „Das ist ein Meilenstein im Engagement. Die Netzwerkarbeit vor Ort zahlt sich aus.“ Neben der Lebenshilfe und dem Inklusionsbeirat waren der Verein NISA (Netzwerk für Inklusion in Sozialarbeit und Assistenz) sowie die Förderschule An Boerns Soll beteiligt.
Bundesweit finden rund um den Protesttag zur Gleichstellung mehr als 500 Veranstaltungen statt. Sie werden von der Aktion Mensch unterstützt. Sprecherin Christina Marx: „Wir rufen am 5. Mai zu einem lauten Protest auf, damit Barrierefreiheit künftig von Anfang an mitgedacht wird. Bei jeder Haltestelle, jeder Webseite und jedem Formular.“
In Buchholz konnten Besucher Wünsche und Kritik auf Stellwänden anheften. „Behörden schreiben oft zu komplizierte Briefe“, war da zu lesen. Oder: „Nicht jedes Geschäft ist barrierefrei.“ Weitere Themen: die zeitliche Erreichbarkeit des Psychiatrischen Krisendienstes, die Blockade von Gehwegen durch E-Scooter oder der Wunsch nach mehr Piktogrammen in Bussen und Bahnen.
Auf drei Monitoren wurden zudem neue Kurzfilme der Lebenshilfe gezeigt. In einem zehnminütigen Video erzählen Menschen aus dem Landkreis Harburg, auf welche Hindernisse und Einschränkungen sie im Alltag stoßen. Drei weitere Filme sind mit den Theatergruppen der Lebenshilfe entstanden. Sie spielen mit der Idee, wie Teilhabe Wirklichkeit wird, obwohl es zunächst anders aussieht. Zum Beispiel gelangen drei Menschen mit Behinderung am Türsteher vorbei doch in die Disco und feiern dort. Die anderen beiden Filme nehmen sich diskriminierende Situationen im Sportverein und in der Behörde vor.
Für einen musikalischen Akzent sorgte der inklusive Chor „hands up“ der Schulen An Boerns Soll und Heideschule. Die Kinder stellten sich in der Fußgängerzone im Halbkreis auf und begleiteten einen Song zum Thema Inklusion mit Stimme und Bewegung. Begriffe wie „Grenzen überwinden“ oder „voneinander lernen“ setzten sie in ausdrucksstarke Handbewegungen um.
Ansprechpersonen:
Inklusionsbeirat des Landkreises Harburg
Petra Kohls
Tel. 04171-693-563
Lebenshilfe Lüneburg-Harburg gemeinnützige GmbH
Eckhard Peters
Tel.04181-283696
Lebenshilfe Harburg e.V.
Ellen Kühn
Tel. 04182-2008-48
NISA e.V.
Lars Finck
Tel. 04181-2107340
Inge Seiler-Päpper
Geschäftsführerin
Lüneburg, den 5. Mai 2023